In Kürze

Ruderalvegetationen gehören floristisch zu den artenreichsten Grünräumen im Siedlungsgebiet.

Kurzdefinition

Ruderalvegetationen bestehen vorwiegend aus wildwachsenden Pionier- und Ruderalpflanzen, welche sich auf steinigen und humusarmen Substraten ansiedeln. Typischerweise weist eine Ruderalvegetation einen hohen Anteil an offenem Boden und eine hohe Strukturvielfalt auf, was sie zu wertvollen Lebensräumen für zahlreiche einheimische Tier- und Pflanzenarten machen [1].

    Biodiversitätsförderung

    Wird das Profil wie auf dieser Seite beschrieben geplant, realisiert und gepflegt, weist es folgende Potenziale auf:

    hoch = • • • • •   tief = •   negativ = (•)

    Ökologische Vernetzung

    • • • • •

    Lebensraum für Wildtiere

    • • • • •

    Lebensraum für Wildpflanzen

    • • • • •

    Ökologischer Ausgleich

    • • • • •

    Anforderungen

    Grundsätze

    Mit der Erfüllung dieser Grundsätze wird die Biodiversität gefördert.

    Saat- und Pflanzgut

    > 80 % einheimisch und standortgerecht


    Möglichst autochthon


    Hohe Artenvielfalt


    0% invasive gebietsfremde Arten

    Substrat

    > 30 cm Substrataufbau

    Aufbau

    Keine Vliese oder Folien


    Modellierte Fläche


    Keine Schottergärten

    Pflege

    Möglichst gesamte Fläche gemäss Prinzipien naturnahe Pflege


    Periodische abschnittsweise Erneuerung


    1 Mal pro Jahr Vegetationsregulierung

    Nutzung

    Extensive Nutzung

    Standort

    Sonnig


    Trocken


    Nährstoffarm

    Erhöhte Anforderungen

    Mit der Erfüllung dieser erhöhten Anforderungen wird die Biodiversität noch stärker gefördert.

      Saat- und Pflanzgut

      100% einheimisch und standortgerecht


      Nur Wild- und keine Zuchtformen

      Mindestgrösse

      > 5 m2

      Aufbau

      Kleinstrukturen

      Pflege

      100% der Fläche gemäss Prinzipien naturnahe Pflege

      Faktenblatt

      Das Wichtigste ist in diesem Faktenblatt zusammengesellt.

      Definition

      Ruderalvegetationen bestehen vorwiegend aus wildwachsenden Pionier- und Ruderalpflanzen, welche sich auf steinigen und humusarmen Substraten ansiedeln. Typischerweise weist eine Ruderalvegetation einen hohen Anteil an offenem Boden und eine hohe Strukturvielfalt auf, was sie zu wertvollen Lebensräumen für zahlreiche einheimische Tier- und Pflanzenarten machen.

      Ruderalvegetationen bieten ein vielfältiges und farbenfrohes Blütenangebot.

      Bildquelle: Adobe Stock


      Veränderungen in der Vegetation machen Jahreszeiten im Siedlungsraum erlebbar.

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      Offene Bodenstellen bieten spezialisieren Pflanzen- und Tierarten (bspw. Ameisenlöwe (Myrmeleon formicarius)) Lebensräume.

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      Pionier- und Ruderalpflanzen sind in der Regel lichtliebend, weshalb Ruderalvegetationen an sonnigen Standorten besonders wertvoll sind. In der Natur entstehen Ruderalvegetationen an Flussufern oder Schutthängen, sind aber in den Landschaften des Mittellandes selten geworden. Im Siedlungsgebiet kommen sie häufig an Wegrändern, im Randbereich von Chaussierungen und als Begleiterscheinung von Bauprozessen vor und werden spontan von Pflanzen besiedelt. Zunehmend werden sie auch als Gestaltungselemente in Wohnsiedlungen oder Gewerbegebieten gezielt angelegt.

      Ruderalvegetationen sind Vegetationstypen, die am Anfang ihrer Entwicklung stehen. Sie befinden sich oft an Orten, die natürlichen oder menschlichen Störungen ausgesetzt sind, was sie zu äusserst dynamischen Flächen macht.

      Nicht als Ruderalvegetationen gelten Kiesflächen und Schottergärten, welche ausschliesslich grobkörniges mineralisches Material enthalten und/oder über eine Trennlage (z.B. Vlies, Folie, Geotextil) verfügen. Werden Ruderalvegetationen nicht gepflegt oder natürlich gestört, entwickeln sie sich zu Blumenwiesen, Strauchflächen und letztendlich zu Wald [1].

      Potenzial

      Wird das Profil wie auf dieser Seite beschrieben geplant, realisiert und gepflegt, weist es folgende Potenziale auf:

      hoch = • • • • •   tief = •   negativ = (•)

      Biodiversitätsförderung

      Ökologische Vernetzung

      • • • • •

      Lebensraum für Wildtiere

      • • • • •

      Lebensraum für Wildpflanzen

      • • • • •

      Ökologischer Ausgleich

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      Siedlungsklima

      Hitzeminderung


      Verbesserung Luftqualität

      • •

      Versickerung und Wasserretention

      • •

      Bodenschutz und Versiegelung

      • • • •

      Nutzungsmöglichkeiten

      aktive Nutzung

      • •

      passive Nutzung und Aufenthaltsqualität

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      Nutzung, Gestaltung und ökologisches Potenzial

      Im Siedlungsraum kommen Ruderalvegetationen vor allem an Gleisanlagen, Schuttlagerflächen, auf brachliegenden Arealen und am Rand von Strassen und Wegen vor. Immer häufiger werden sie auch als Gestaltungselemente in Wohnsiedlungen oder Gewerbegebieten oder als Retentionsflächen gezielt angelegt.

      Die Eigenschaften von Ruderalvegetationen werden durch eine hohe Frequenz von menschlichen Störungen der Vegetation und des Bodens erhalten. Diese Störungen erfolgen während der Entstehung und Nutzung der Flächen. Einige Ruderalvegetationen eignen sich aufgrund ihrer Lage (z.B. Gleisanlagen, Baustellen) nicht für die Nutzung. Andere, vor allem speziell angelegte Flächen in Wohnsiedlungen und auf Firmenarealen, eignen sich aufgrund ihrer Strukturvielfalt und den vorhandenen vegetationslosen Flächen für verschiedene Nutzungen (Spiel, aktives und passives Naturerlebnis, etc.). Eine starke Nutzung stört jedoch die teils sensible Flora und Fauna.

      Gestalterisch haben Ruderalvegetationen einen wilden Charakter und eine dynamische Ästhetik, die sich von herkömmlichen Grünflächen im Siedlungsraum deutlich unterscheiden.

      Natürliche Ruderalvegetationen gehören heute zu den gefährdetsten Lebensräumen. Im Siedlungsraum sind vom Menschen geschaffene Ruderalvegetationen häufiger. Sie gehören floristisch zu den artenreichsten Grünräumen im Siedlungsgebiet. Auch für zahlreiche Tierarten, die eine offene, lückige Vegetation benötigen, bilden Ruderalvegetationen wertvolle Lebensräume. Für viele Tier- und Pflanzenarten bilden sie wichtige Ersatzlebensräume für heute selten gewordene natürlich-dynamische Flächen. Häufig werden Ruderalvegetationen auch von invasiven gebietsfremden Arten besiedelt.

      Ruderalvegetation zeichnen sich aufgrund ihrer (grob-)kiesigen Substrate durch eine hervorragende Versickerungsleistung aus. Hingegen ist dadurch die Wasserretention (Speicherung, Zurückhaltung) reduziert und das lokale Klima heizt sich stärker auf.

      Typische Pflanzen

      Typische Pflanzen der Ruderalvegetation sind stresstolerant. Sie ertragen heisse Temperaturen, Trockenheit und teilweise auch Trittbelastungen. Zuerst besiedeln einjährige Pflanzen den nackten Boden. In den Folgejahren kommen weitere Pflanzen hinzu und verdrängen ein- und zweijährige Arten. Werden die Flächen nicht gestört, können sich mehrjährige ausdauernde Ruderalfluren entwickeln.

      Beispiele Pflanzenarten

      Mit Ruderalvegetationen können typische Pionier- und Ruderalpflanzen gefördert werden:

      Einjährige Pflanzen

      Weg-Malve (Malva neglecta), Kompasslattich (Lactuca serriola)

      Zwei- bis mehrjährige Ruderalpflanzen

      Wilde Möhre (Daucus carota), Weisser Steinklee (Melilotus albus), Echter Steinklee (Melilotus officinalis), Färber-Waid (Isatis tinctoria), Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare), Huflattich (Tussilago farfara)

      Unter infoflora.ch sind sämtliche Arten dieses Profils bzw. Lebensraumes zu finden.

      Eselsdistel

      (Onopordum acanthium)

      Bildquelle: Adobe Stock


      Wilde Karde

      (Dipsacus fullonum)

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      Echter Honigklee

      (Melilotus officinalis)

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      Wilde Karotte

      (Daucus carota)

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      Problempflanzen

      Auf Ruderalvegetationen sind insbesondere folgende Problempflanzen zu erwarten:

      Pflanzen, die an gewissen Standorten / zu gewissen Zeitpunkten unerwünscht sind

      Gänsefingerkraut (Potentilla anserina), Löwenzahnarten (Taraxacum sp.), Wegerich-Arten (Plantago sp.)

      Invasive gebietsfremde Arten

      Einjähriges Berufkraut (Erigeron annuus), Kanadische Goldrute (Solidago canadensis), Götterbaum (Ailanthus altissima), Sommerflieder (Buddleja davidii), Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inaequidens), Rosmarin-Weidenröschen (Epilobium dodonaei)

      Typische Tiere

      Der Strukturreichtum von Ruderalvegetationen (Sand- und Kiesflächen, lückige Vegetation mit Blütenpflanzen, Samenstände) bietet zahlreichen wechselwarmen (Eidechsen) und wärmeliebenden Tieren (Wildbienen, Schmetterlinge, Käfer) wertvolle Lebensräume, Nahrungsangebote und Brutstätten. Wenn die Flächen im Laufe ihrer Entwicklung zu stark verbuschen, verlieren sie für diese Tierarten an Attraktivität [1].

      Beispiele Tierarten

      Typische Tiere, die mit einer Ruderalvegetation gefördert werden können [3][4]:

      Vögel

      Distelfink (Carduelis carduelis), Dohle (Corvus monedula), Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)

      Säugetiere

      Fledermäuse, Braunbrustigel (Erinaceus europaeus)

      Reptilien

      Zauneidechse (Lacerta agilis), Mauereidechse (Podarcis muralis)

      Schmetterlinge

      Windenschwärmer (Agrius convolvuli), Gammaeule (Antographa gamma), Kurzschwänziger Bläuling (Cupido argiades), Kleiner Feuerfalter (Lycaena phlaeas), Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), Schachbrettfalter (Melanargia galathea), Schwalbenschwanz (Papilio machaon), Hauhechelbläuling (Polyommatus icarus), Königskerzen-Mönch (Shargacucullia verbasci), Distelfalter (Vanessa cardui), Gewöhnliches Widderchen (Zygaena filipendulae)

      Heuschrecken

      Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus), Brauner Grashüpfer (Chorthippus brunneus), Roesels Beissschrecke (Metrioptera roeselii), Langfühler-Dornschrecke (Tetrix tenuicornis), Grünes Heupferd (Tettigonia viridissima)

      Wildbienen

      Steinhummel (Bombus lapidarius), Helle Erdhummel (Bombus, lucorum), Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris), Gewöhnliche Maskenbiene (Hylaeus communis), Gemeine Furchenbiene (Lasioglossum calceatum)

      Distelfink

      (Carduelis carduelis)

      Bildquelle: Adobe Stock


      Mauereidechse

      (Podarcis muralis)

      Bildquelle: Adobe Stock


      Schachbrettfalter

      (Melanargia galathea)

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      Nachtigall-Grashüpfer

      (Chorthippus biguttulus)

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      Wespenspinne

      (Argiope bruennichi)

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      Gemeine Furchenbiene

      (Lasioglossum calceatum)

      Bildquelle: Adobe Stock


      Standort

      Ruderalvegetationen kommen an Standorten mit steinigen-sandigen und humusarmen Untergründen vor. Trockenheit, Wärme und wenige Nährstoffe sind prägende Standortfaktoren und führen zu lückigen Vegetationen [2].

      Im Siedlungsgebiet stehen Ruderalvegetationen dauerhaft unter dem Einfluss menschlicher Nutzungen und Störungen. Sie sind ursprünglich oder zeitweise pflanzenarm und weisen einen gestörten Bodenaufbau ohne durchgehenden Oberboden oder natürliche Horizontbildung auf. Ruderalvegetationen bestehen vorwiegend aus lichtliebenden Pflanzen, die sonnige Standorte bevorzugen. Diese Pflanzen siedeln sich nur dort an, wo ein dichter Pflanzenteppich fehlt.

      Zielbild

      Wenig genutzte und gestörte Ruderalvegetationen bestehen vorwiegend aus reichblühenden, hochwachsenden Stauden. Die Wuchshöhe liegt etwa bei 80 bis 150 cm. Einige Pflanzen wie die Grossblütige Königskerze (Verbascum densiflorum) können höher als 200 cm wachsen. Der Bewuchs bleibt insbesondere an stark besonnten, steinigen Standorten lückig. An intensiv genutzt Stellen kann sich eine niedrig wachsende Trittflora einstellen.

      Auf grösseren Flächen ist der kiesig-steinige Boden zu Hügeln modelliert und bietet eine hohe Strukturvielfalt und wertvolle Lebensbedingungen. Zwischen der Kiesauflage und dem Unterboden ist kein Vlies und Folie eingebaut, da ansonsten ein ökologisch wertloser «Schottergarten» entsteht.

      Auf der Fläche sind stehengelassene Blüten- und Samenstände vorhanden und verschiedene Kleinstrukturen (z.B. Steinhaufen, Sand) integriert. Diese sind neben ökologischen auch nach gestalterischen und pflegerischen Grundsätzen angeordnet und dimensioniert.

      Inspiration aus der Natur

      Natürlich entstandene Lebensräume können als Inspiration für die Gestaltung im Siedlungsgebiet dienen.

      Trittrasen und Ruderalfluren

      Bildquelle: Delarze et al., Lebensräume der Schweiz, 2015


      Mesophile Ruderalflur

      Bildquelle: Delarze et al., Lebensräume der Schweiz, 2015


      Trittrasen und Ruderalfluren

      Bildquelle: Delarze et al., Lebensräume der Schweiz, 2015


      Beispiele

      Sammlung von Beispielen, die im Siedlungsgebiet von Schweizer Gemeinden und Städten angelegt wurden.

      Ruderalvegetation in der Mehrfamilienhaussiedlung der Wohnbaugenossenschaft 1979 in Aarau

      Hans-Hässig-Strasse, 5000 Aarau

      Bildquelle: Lisa Kaufmann


      Ruderalvegetation auf dem Spielplatz Rüchlig in Aarau

      Aurorastrasse, 5000 Aarau

      Bildquelle: Lisa Kaufmann


      Ruderalvegetation in einem Privatgarten in Aarau

      Bildquelle: Lisa Kaufmann


      Ruderalvegetation im Biotop Hagendorn in Cham

      Lorzenweidsrasse, 6332 Cham

      Bildquelle: Manuela Hotz


      Ruderalvegetation beim Papierigleis in Cham

      Bildquelle: Manuela Hotz


      Ruderalvegetation an der Rheinstrasse in Kreuzlingen

      Rheinstrasse 2, 8280 Kreuzlingen

      Bildquelle: Stadtverwaltung Kreuzlingen


      Planung

      Bestehende Ruderalvegetationen erhalten

      Keine «Schottergärten» planen, insbesondere keine Vliese oder Folien als Trennlage vorsehen

      Substrat (> 30 cm) bestehend aus Steinen verschiedener Korngrössen und einem Feinanteil (< 1 mm) verwenden

      Anstehende Erdbewegungen für die Erstellung einer Ruderalvegetation nutzen

      Ideale Standortverhältnisse schaffen: nährstoffarm, trocken und besonnt, guter Wasserabfluss

      Fläche mit Hügeln modellieren und mit Kleinstrukturen anreichern

      Potenziale von Einsaat, Bepflanzung und/oder Spontanbegrünung ideal nutzen

      Pflege von Beginn an mitberücksichtigen

      Massnahmen im Detail

      Ruderalvegetationen erhalten

      Ruderalvegetationen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen im Siedlungsgebiet. Wenn immer es möglich ist, sollen bestehende Flächen erhalten bleiben. Sie sind in Planungen von Umgestaltungen und Neubauten von Beginn an zu integrieren.

      Zeitpunkt für Planung nutzen

      Egal ob bei einer Umgestaltung oder einem Neubau, sobald Erdbewegungen anstehen, ist die Erstellung einer Ruderalvegetation in Erwägung zu ziehen. Statt wie üblich nach den Erdbewegungen wieder Oberboden aufzutragen, kann bei geeigneten Standortverhältnissen direkt eine Ruderalvegetation angelegt und entsprechend begrünt werden. Der anfallende Oberboden ist möglichst anderweitig im Grünraum zu verwenden (z.B. Anlage Staudenbepflanzung, Nutzgarten) zu verwenden.

      Nutzung, Funktion und Dimensionierung klären

      Um zu beurteilen, inwiefern und in welcher Dimension und Grösse eine Ruderalvegetation angelegt werden soll, sind die vorgesehene Nutzungen und Funktionen zu klären und mit den Potenzialen von Ruderalvegetationen abzugleichen.

      Hinsichtlich Dimensionierung gilt der Grundsatz: Je grösser die Fläche, desto besser, denn schmale und kleine Ruderalvegetationen wachsen von den Seiten her schnell ein [4].

      Potenzielle Nutzungen und Funktionen

      Ökologie

      Lebensraum für Tiere und Pflanzen


      Ökologischer Ausgleich


      Ökologische Vernetzung


      Wasserretention

      Gestaltung

      Wildes Erscheinungsbild, hohe Dynamik


      Restflächen, Abstandsflächen, fliessender Raum, besonnte Böschungen


      Traufbereiche um Gebäude


      Weg- und Strassenränder


      «Wildstaudenbeete»

      Nutzung

      Naturnahe Spielbereiche, alternative «Sandkästen»


      Aktive und passive Naturerlebnisse

      Standort wählen

      Nicht jeder Standort eignet sich gleich gut für eine Ruderalvegetation. Aus diesem Grund gilt es die Standortverhältnisse vor Ort zu bestimmen und mit den Standortansprüchen abzugleichen.

      Grundsätzlich können sich Ruderalvegetationen in sonnigen bis schattigen Verhältnissen entwickeln [5]. Hingegen entstehen auf wasserdurchlässigen und nährstoffarmen Böden in sonnigen Lagen die attraktivsten und artenreichsten Pflanzengesellschaften [5].

      Ruderalvegetationen werden idealerweise auf steinigem und humusarmem Untergrund erstellt. Im durchlässigen Untergrund versickert das Wasser gut und es entsteht keine Staunässe. Pflanzen auf nährstoffarmen Standorten sind schwachwüchsig. Dadurch bleiben die Flächen länger offen und der Pflegeaufwand kann reduziert werden [6].

      Weist der Standort einen Untergrund auf, welcher schlecht entwässert, entsteht Staunässe und Pflanzenwurzeln befinden sich kontinuierlich in nassen Verhältnissen. Bei wasserundurchlässigem Untergrund ist das Anlegen einer Ruderalvegetation deshalb nicht zu empfehlen [7]. Wird hingegen im Rahmen eines Bauprojektes ohnehin der Untergrund abgetragen, kann für eine Ruderalvegetation der neu erstellte Untergrund mit wasserdurchlässigem Material (grobkörniger Schotter, Wandkies) ausgestattet werden. Auf diese Weise lassen sich auch in einstig wasserundurchlässigen Böden mit Tendenz zu Staunässe Ruderalvegetationen erstellen.

      Der ökologische Wert einer Ruderalvegetation kann gefördert werden, wenn sich diese in unmittelbarer Nähe von naturnahen Profilen befindet, wie zum Beispiel [4]: Gewässer ruhend, Blumenwiese, Wildhecke, Trockensteinmauer (Böschungssicherung). Bei Neubauten und Umgestaltungen sind Ruderalvegetationen entsprechend zu planen und auf andere Profile abzustimmen.

      Fläche modellieren und einfassen

      Auf grösseren Flächen können mit Wandkies und/oder anderen Substraten (Sand, Lehm, grössere Steine) Hügel und Senken modelliert und so kleinräumig unterschiedliche Verhältnisse (trocken bis feucht) geschaffen werden [6]. Dadurch wird die Strukturvielfalt der Fläche und Lebensbedingungen für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten optimiert.

      Um das Einwachsen der Fläche zu verlangsamen oder zu verhindern, können Ruderalvegetationen an ihren Rändern gegen angrenzende Profile abgegrenzt werden [4]. Dies kann beispielsweise mit grösseren Steinen, Totholzstämmen oder anderen Randabschlüssen erfolgen. Es reicht aber nicht aus, die Elemente nur oberflächig aufzulegen. Sie sind in das Substrat einzubauen, dürfen aber auf keinen Fall Barrieren für Kleintiere darstellen.

      Ruderalvegetationen in Blumenwiese umwandeln

      Ja nach Nutzungs- und Gestaltungsabsichten sollen bestehende Ruderalvegetationen durch pflegerische Eingriffe langfristig erhalten werden. Wird – mit oder ohne Absicht – auf adäquate Pflegeeingriffe verzichtet, entwickelt sich eine Ruderalvegetation potenziell in Richtung einer artenreichen, ökologisch ebenfalls wertvollen, mageren Blumenwiese. Dieser Prozess soll gezielt geplant und gesteuert und auf die ökologischen Ziele sowie Nutzungs- und Gestaltungsabsichten abgestimmt werden.

      Andere Profile in Ruderalvegetationen umwandeln

      Die nachstehenden Profile können mit verhältnismässig geringem Aufwand in eine Ruderalvegetation umgewandelt, anschliessend entsprechend begrünt und gepflegt werden.

      Chaussierungen und Kiesflächen

      Je nach Gestaltungs- und Nutzungsansprüchen können Rand- und/oder wenig begangene Bereiche von Chaussierungen sowie zugewachsene und ungenutzte Kiesflächen in Ruderalvegetationen umgewandelt werden. Hierfür ist die entsprechende Teilfläche vollständig oder teilweise von der Vegetation zu befreien. Wenn sich bereits eine Humusschicht gebildet hat, ist diese zu entfernen und neuer Wandkies aufzubringen [4]. Bei Chaussierungen reicht es unter Umstände aus, diese etwas aufzulockern und mit Wandkies zu ergänzen. Die Flächen ansäen und/oder bepflanzen.

      «Schottergarten»

      «Schottergärten» sind für einheimische Pflanzen und Tiere weitgehend wertlos. Sind sie mit Vlies und Folie versehen, gelten sie sogar als versiegelte Flächen. Mit einer Umwandlung in eine Ruderalvegetation kann ein «Schottergarten» ökologisch und gestalterisch aufgewertet werden. Hierfür sind vorhandene Folien und Vlies zu entfernen oder zumindest zu durchlöchern und Grobschotter mit 5 cm Grubensand zu überschütten [4].

      Traufbereiche um Gebäude

      Bestehen die Traufbereiche um Gebäude aus Grobschotter mit wenig Feinanteil, kann dieser mit 5 cm Grubensand überschüttet und in eine Ruderalvegetation umgewandelt werden.

      Sandflächen

      Nicht mehr genutzte Spielsand-Flächen und Sandkästen können mit Steinen verschiedener Grösse und/oder Wandkies sowie allenfalls Kleinstrukturen ergänzen werden [4].

      Asphalt, Ortbeton, Plattenbeläge

      Sollen bestehende, vollständig oder weitgehend versiegelte Profile wie Asphalt und Ortbeton oder Plattenbeläge entsiegelt werden, bietet es sich an, diese Profile in Ruderalvegetationen umzuwandeln, da diese oftmals einen sandig-kiesigen Aufbau/Fundation («Koffer») besitzen. Hierzu ist der Belag zu entfernen und zu entsorgen bzw. zu rezyklieren und falls nötig Wandkies auf die Fundationsschicht einzubringen.

      Traufbereiche anlegen

      Traufbereiche um Gebäude werden standardmässig mit Rundkies oder Schotter ohne Nullanteil befüllt, wobei die Drainage-Funktion im Vordergrund steht, um Haus- und Kellerwand trocken zu halten [8]. Solche Bereiche können grundsätzlich als Ruderalvegetationen ausgestaltet werden, da Regenwasser auch so gut versickern kann [8]. Hierfür besonders geeignet sind Flächen entlang gut besonnter Ost-, Süd- und Westfassaden [7].

      Damit sich eine Ruderalvegetation entlang von Hauswänden entwickeln kann, muss zumindest partiell Regenwasser auf die Fläche gelangen können, was bei der Planung frühzeitig zu berücksichtigen ist [8]. In diesen Fällen sind wasserfeste Abdichtungen (z.B. Anstriche, Folien) zur Gebäudefassade anzubringen [8]. Bei zu grossem Traufbereich ohne Regenwasserzufuhr muss auf eine Ruderalvegetation verzichtet werden.

      Material auswählen

      Ruderalvegetationen können mit Wandkies, Schotter oder vorhandenem Unterboden erstellt werden. Auch auf Rohbodenstandorten entwickeln sich wertvolle Habitate für einheimische Pflanzen- und Tierarten. Bei rezyklierten Kiesmaterialen und Bauschutt ist Vorsicht geboten. Unter Umständen ist dieses mit Fremdstoffen belastet und es besteht die Gefahr von Auswaschung ins Grundwasser.

      Das ideale Substrat besteht aus Steinen verschiedener Korngrössen. Wichtig ist, dass es einen gewissen Feinanteil (< 1 mm) enthält. Es gilt der Grundsatz: Je gröber die Steine und je geringer der Feinanteil, desto langsamer wird die Fläche von Pflanzen besiedelt [4].

      Nach Möglichkeit wird Substrat verwendet, welches vor Ort vorhanden ist. Ansonsten ist es aus regionalen Kieswerken zu beziehen. Betonkies ist keine Alternative, da es nicht den notwendigen Feinanteil enthält.

      Je nach geplanten Kleinstrukturen und Begrünungsart sind neben dem Substrat Pflanzen, Saatgut und weiteres Material (Kompost, grosse Steine) auszuwählen. Kompost wird nur bei einer Ansaat verwendet. Bei Pflanzungen ist auf den Einsatz von Kompost zu verzichten.

      Oberboden wiederverwenden

      Fällt bei der Erstellung einer Ruderalvegetation Oberboden/Humus an, ist dieser möglichst innerhalb des Grünraumes zu verwenden und in der Planung entsprechend zu berücksichtigen (z.B. Modellierung Gelände, Erstellung Staudenbepflanzung oder Nutzgarten).

      Begrünung planen

      Die Begrünung der Fläche erfolgt durch eine Ansaat mit artenreichen, lokalen und standortangepassten Wildstaudensamenmischungen und/oder einer Bepflanzung mit Wildstauden.

      Für die Ansaat ist reifer (2 Jahre) und gütegesicherter Kompost (unkrautfrei, 2 cm) auf die Saatfläche aufzubringen, um die Samen mit Feuchtigkeit und Nährstoffen zu versorgen [4].

      Ist eine Bepflanzung vorgesehen, sind Artenlisten zusammenzustellen und/oder ein Pflanzplan zu erstellen, auf deren Basis die genaue Stückzahl pro Art zu ermitteln ist. Auf den Einsatz von Kompost ist zu verzichten.

      Eine Kombination aus Ansaat und Bepflanzung sowie die Verwendung von Geophyten kann die Akzeptanz für die Fläche erhöhen, da von Anfang an etwas blüht. Befinden sich in der Umgebung viele invasive gebietsfremde Arten, kann eine Initialpflanzung Sinn machen, um das Aufkommen zu vermindern. Aus Kostengründen ist dies jedoch nur bei kleineren Flächen oder Teilflächen sinnvoll.

      Grundsätzlich kann auch die spontane Ansiedelung von bestehenden Pflanzenarten aus der Umgebung geprüft werden [4], wenn in unmittelbarer Nähe wertvolle Ruderalvegetationen oder Blumenwiesen vorhanden sind. Eine Selbstbegrünung ist zwar unüblich, hat aber den Vorteil, dass das von Wind oder Vögeln eingetragene Saatgut aus der Umgebung stammt (lokales Saatgut), sich ökologisch wertvolle Pflanzengesellschaften mit seltenen Arten entwickeln können und keine Kosten fürs Saatgut anfallen [6]. Nachteile der Selbstbegrünung sind, dass sich unerwünschte Problempflanzen und invasive gebietsfremde Arten leichter ansiedeln können [6], die Vorhersage der Entwicklung kaum möglich ist und die Fläche länger braucht, um einzugrünen, was zu einer geringen Akzeptanz bei Bauherrschaft und Nutzenden führen kann.

      Kleinstrukturen vorsehen

      Neben den aus Wandkies modellierten Hügeln kann die ökologische und gestalterische Qualität der Ruderalvegetation mit Kleinstrukturen erhöht werden. Damit können für zahlreiche Tierarten zusätzliche Versteckmöglichkeiten, Nahrungsangebote und Eiablagestellen geschaffen werden.

      Die Dimensionierung, Materialisierung und Anordnung der Elemente ist neben ökologischen Kriterien auch auf Gestaltungs- und Nutzungsansprüche abzustimmen. Ebenfalls ist die künftige Pflege der Fläche mit zu berücksichtigen, indem ein effizienter Rückschnitt der Fläche beispielsweise möglich ist.

      Steinhaufen

      • Ökologische Funktion: In Steinhaufen finden wärmeliebende Tierarten (z.B. Mauereidechse, Zauneidechse) Unterschlupf.
      • Standort: Steinhaufen sind an einer sonnigen Stelle zu errichten und sollen über viele Jahre bestehen bleiben.
      • Aufbau: Haufen

      Sandhaufen oder -flächen

      • Ökologische Funktion: Mit einer Mulde aus Sand kann eine Sandbadestelle für Vögel (z.B. Haussperlinge und Zaunkönige) geschaffen werden. Zudem finden Wildbienen darin Nistmöglichkeiten.
      • Standort: An trockenen, sonnigen, unbetretenen Orten
      • Material: Sand ungewaschen (mit Lehmanteil)
      • Aufbau: Grösse: 2 bis 3 m2 und mindesten 80 cm tief

      Totholz

      • Ökologische Funktion: Totholz bietet zusätzlich verschiedenen Tieren (z.B. Wildbienen, Laufkäfer) einen Unterschlupf.
      • Standort: Trocken, sonnig, ungestört
      • Material: Wurzelstöcke, Stämme (stehend oder liegend), dicke Äste
      • Aufbau: Einzeln, Haufen, Holzbeige

      Abrisskante

      • Ökologische Funktion: Nahrungshabitate für Käfer und Vögel, Aufwärmstellen für Wirbellose und Reptilien, Nistplätze für bodennistende Wildbienen und Solitärwespen
      • Standort: besonnte Böschung, entlang von Wegen
      • Realisierung: Mindesten 30 cm hohe senkrechte Abrisskanten durch abstechen mit Spaten oder Bagger
      • Hinweis: Starkniederschläge können zu Erosion führen

      Stängelstruktur

      • Ökologische Funktion: Lebensraum, Nest oder Versteck zahlreicher Insekten.
      • Standort: besonnt und trocken
      • Material: Markhaltige Stängel (z.B. Himbeere, Brombeere, Wildrosen, Königskerze, Disteln, Kletten, Beifuss und Holunder)
      • Realisierung: Markhaltige Stängel stehen lassen und/oder zu Bündel schnüren und auf der Fläche verteilen/aufstellen.

      Ausführung planen

      Um die Ausführung und Realisierung zu planen, sind die Materialmengen zu berechnen:

      • Entfernung Oberboden: 20 bis 40 cm auf der ganzen Fläche
      • Aufbringen Wandkies: 30 bis 40 cm, plus Material für Modellierung von Hügel.

      Mit diesen Angaben ist zu planen, wie die Arbeiten ausgeführt und Materialmenge transportiert werden sollen: Von Hand mit Schaufel und Schubkarre oder mit Maschineneinsatz (z.B. Bagger, Dumper). Weiter sind die Zufahrt für Maschineneinsatz und Transport zu klären und zu berücksichtigen [4].

      Die Ausführung und Erstellung können basierend auf der Planung ausgeschrieben und an ein Unternehmen vergeben werden. Die Leistungsausschreibung ist neben Massangaben auch mit Qualitätsvorgaben zu versehen. Die in dieser Web App vorhandenen Grundlagen (z.B. Referenzbilder, qualitative und quantitative Anforderungen) können hierfür genutzt werden.

      Kosten schätzen

      Erstellungskosten

      Die Erstellungskosten einer Ruderalvegetation sind verhältnismässig gering. Die Kosten sind abhängig von Grösse und Topografie der Fläche und den Personal- und Materialkosten, Pauschalen für Anfahrt und Baustellenvorbereitung und -installation sowie Kosten für Maschinen, Materialabtransport und Deponiekosten. Für eine Kostenschätzung sind Offerten bei verschiedenen Unternehmen einzuholen. Kompetenzen in der Erstellung von Ruderalvegetationen haben zum Beispiel Bioterra-Fachbetriebe.

      Detaillierte Erstellungskosten können zum Beispiel basierend auf der Planung mit Greencycle kalkuliert werden.

      Betriebs- und Unterhaltskosten

      Ruderalvegetationen sind äusserst pflegeleicht und entsprechend kostengünstig in der Pflege. Die langfristigen Unterhaltskosten einer Ruderalvegetation können basierend auf der Planung zum Beispiel mit Greencycle light kalkuliert werden.

      Weitere Informationen zu Kosten und Nutzen.

      Realisierung

      > 20 cm Oberboden entfernen und > 30 cm Substrat einbringen; Unterboden nicht lockern

      Vorhandenes Substrat vor Ort verwenden oder bei lokalem Anbieter beschaffen

      Fläche modellieren und mit Kleinstrukturen ausstatten

      Einheimisches und standortgerechtes Saat- und Pflanzgut aussäen und/oder pflanzen

      Zwischen März und Mai ansäen, Saatgut anwalzen/anklopfen, nicht einrechen und wässern

      Ideale Pflanzzeitpunkte beachten: März bis April und September bis November, Pflanzen 1 cm tiefer pflanzen als üblich

      Erstellungspflege: Entfernung von unerwünschten Gehölz-Wildlingen, Problempflanzen und invasiven gebietsfremden Arten

      Massnahmen im Detail

      Ruderalvegetation anlegen

      Die Fläche ist zunächst gemäss der Planung abzustecken. Anschliessend wird der vorhandene Bewuchs sowie der Oberboden / Humusschicht 20 bis 40 cm abgetragen und der Unterboden gelockert [7].

      Eine mindestens 30 cm dicke Wandkiesschicht lose einbringen und modellieren. Die Setzung des Wandkieses ist zu beachten. Das Material ist entsprechend über die gewünschte Endhöhe einzubringen.

      Soll die Ruderalvegetation an den Rändern abgegrenzt werden, um schnelles Einwachsen zu verhindern, sind die hierfür nötigen Steine, Totholzstämme oder Randabschlüsse nicht nur oberflächlich aufzulegen, sondern in den Wandkies einzubauen) [4].

      Profile in Ruderalvegetation umwandeln

      Hinweise zur Realisierung sind hier beschrieben.

      Ruderalvegetation begrünen

      Auf der vorbereiteten Fläche sind einheimischen Staudenpflanzen, die an den Standort (trocken, mager, sonnig) angepasst sind, auszusäen oder zu pflanzen.

      Einsaat

      Die Fläche wird mit einer geeigneten Samenmischung eingesät. Hierfür ist zunächst vor der Aussaat 2 cm reifer (2 Jahre) und gütegesicherter Kompost oberflächlich einzubringen und mit Steinen und Sand zu vermischen [4]. Falls das Saatgut nicht mit Saathelfern versehen ist, ist dieses mit Sand zu vermischen, um es besser dosiert ausbringen zu können. Die angegebene Saatgutmenge (ca. 10 g pro m2) ist kreuzweise einzusäen und die Fläche danach zu walzen oder mit einer Schaufel anzuklopfen. Da viele Arten der Saatgutmischungen Lichtkeimer sind, ist das Saatgut auf keinen Fall zu überdecken bzw. einzurechen. Auf eine Wässerung ist zu verzichten. Idealer Saatzeitpunkt ist von April bis Mai.

      Bepflanzung

      Die Pflanzen werden gemäss Pflanzplan oder Erfahrungswerten auslegt und gepflanzt. Besteht kein Pflanzplan können Pflanzschemen Orientierung bieten. Bei einer Bepflanzung ist darauf zu achten, dass die Pflanzen rund 1 cm tiefer als üblich gepflanzt werden, da sich der Wandkies setzt und die Pflanzenballen ansonsten herausragen und vertrocknen können. Auf den Einsatz von Kompost ist zu verzichten (Staudenpflanzungen). Anschliessend sind die Pflanzen gut einzuwässern. Ideale Pflanzzeitpunkte sind im Frühling von Februar bis März und im Herbst von September bis November.

      Selbstbegrünung

      Befindet sich in unmittelbarer Nähe der zu begrünenden Fläche wertvolle Ruderalvegetationen oder Blumenwiesen ist grundsätzlich auch eine Selbstbegrünung möglich. Damit ist aber insbesondere das Risiko verbunden, dass sich unerwünschte Problempflanzen und invasive gebietsfremde Arten ansiedeln können.

      Variationen

      • Kombination Bepflanzung und Einsaat: Um die blütenlose Zeit zwischen Samenkeimung und ersten Pflanzenblüten zu überbrücken, können einige einheimische Wildstauden als Initialpflanzen gepflanzt und die restliche Fläche eingesät werden. Hierfür ist zuerst zu pflanzen und erst anschliessend zu säen. Wildstauden vertragen ein einmaliges Walzen [4].
      • Kombination Selbstbegrünung und Einsaat: Nur einen Teil der Flächen einsäen, der andere Teil spontan begrünen lassen.

      Saat- und Pflanzgut auswählen

      Basierend auf der Planung und der Begrünungsmethode wird das Saatgut und/oder die Wildstauden ausgewählt. Unter Floretia können einfach und schnell standortangepasste Wildpflanzen ausgewählt und Bezugsmöglichkeiten bestimmt werden. Geeignete Wildstauden und Saatgut aus der Umgebung sind insbesondere in Bioterra-Wildpflanzengärtnereien erhältlich. Saatmischungen für Ruderalvegetationen mit Schweizer Ökotypen bieten auch OH Samen und UFA Samen.

      Hintergründe und Details zur Beschaffung von Saatgut und Pflanzen sind hier zu finden.

      Kleinstrukturen erstellen

      Die Kleinstrukturen sind an den in der Planung vorgesehenen Standorten und in den festgelegten Qualitäten zu erstellen. Macht die Planung keine spezifischen Angaben zu Standorten und Qualitäten, können diese auch ad hoc vor Ort erstellt werden unter Berücksichtigung der Planungs- und Realisierungshinweise zu einzelnen Kleinstrukturen. Das im Rahmen von Schnitt- und Pflegemassnahmen anderen Profilen anfallende Material (z.B. Äste, Totholz, Blüten- und Samenstände) eignen sich hierfür bestens.

      Erstellungs- und Entwicklungspflege durchführen

      Die Erstellungs- und Anwachspflege beschränkt sich weitgehend auf die Entfernung von unerwünschten Gehölz-Wildlingen, Problempflanzen und invasiven gebietsfremden Arten [5]. Diese sind möglichst frühzeitig und inklusive Wurzeln zu entfernen. Um Nährstoffeinträge zu minimieren, muss je nach Standort gelaubt werden.

      Wurde die Ruderalvegetation bepflanzt, sind im Erstellungsjahr die Pflanzen bei anhaltender Trockenheit situativ zu wässern. Eingesäte oder spontan begrünte Ruderalvegetationen sind hingegen nicht zu wässern. Ebenfalls ist auf Düngungs-, und in den ersten beiden Jahren, auf jegliche Schnittmassnahmen zu verzichten.

      Pflanzen sind möglichst stehen zu lassen oder nur gezielt zurückzuschneiden [5]. Abgetrocknete Blüten- und Samenstände bilden im Winter ein attraktives Erscheinungsbild und wertvolle Strukturen, Nahrungsquellen (z.B. für Distelfink, Erlenzeisig) und Winterquartiere (z.B. für Wildbienen) für zahlreiche Tierarten. Ein allfälliger Rückschnitt sollte erst im Frühling (März) erfolgen. Dadurch könne die Samenstände vollständig absamen. Das Schnittgut kann anschliessend auf Ast- und Heuhaufen deponiert oder kompostiert werden.

      Pflege

      Regelmässige Sichtkontrolle und sofortiges Entfernen von invasiven gebietsfremden Arten

      1 Mal pro Jahr Sichtkontrolle und Entfernen von Gehölzen im Winterhalbjahr

      Entfernen von Vegetation ab September nach Absamen der Pflanzen

      Fläche nur extensiv nutzen

      Nach Bedarf Ruderalvegetation lauben

      Abschnittsweise Sanierung trockener Standorte alle 10 bis 15 Jahre bei zugewachsenen Ruderalvegetationen

      Abschnittsweise Sanierung feuchter Standorte alle 5 bis 10 Jahre bei zugewachsenen Ruderalvegetationen

      Naturnahe Pflege

      Bei geringem Nährstoffgehalt im Untergrund entwickeln sich Ruderalvegetationen sehr langsam und benötigen nur extensive Pflege. An nährstoffreicheren und feuchteren Standorten ist eine häufigere Pflege notwendig.

      Die Entfernung von invasiven gebietsfremden Arten gehört zu den wichtigsten Pflegemassnahmen. Um ihre Ausbreitung zu verhindern, sind regelmässige Sichtkontrollen durchzuführen und invasive gebietsfremde Arten schnellstmöglich zu entfernen.

      Da Ruderalvegetationen mit der Zeit verbuschen und ihre typischen Eigenschaften verlieren, müssen sie immer wieder neu «geschaffen» und in regelmässigen Abständen saniert werden. Um die Verbuschung zu verlangsamen, sind Gehölzpflanzen regelmässig zu entfernen.

      Massnahmen naturnahe Pflege im Jahresverlauf

      Bei der naturnahen Pflege einer Ruderalvegetation steht der Erhalt beziehungsweise die Förderung der Artenvielfalt im Vordergrund. Daran orientiert sich die Definition des SOLL-Zustandes und das Ergreifen der korrekten Pflegemassnahmen. Ruderalvegetationen sollen möglichst lange in einem frühen Entwicklungsstadium gehalten werden, denn dann ist die Artenvielfalt am höchsten [1].

      Für die Verantwortlichen der Grünraumpflege und Pflegenden vor Ort gilt es abzuwägen, welche Pflegemassnahmen den IST-Zustand der Ruderalvegetation in den SOLL-Zustand überführen können. Ausserdem müssen bei der Wahl der Pflegemassnahmen der IST-Zustand und mögliche Probleme der Fläche berücksichtigt werden. Dies können bereits eingetretene Verbuschung oder das Vorkommen von Problempflanzen sowie invasive gebietsfremde Arten sein. Ist dies der Fall, muss die unerwünschte Vegetation entfernt oder die Fläche komplett umgebrochen werden.

      Planungs- und Umsetzungshilfen

      Der Profilkatalog naturnahe Pflege vermittelt Fachwissen und Handlungsanleitungen zu sämtlichen Profilen. Das Praxishandbuch ist eine kompakte Kurzfassung des Kataloges. Im Jahrespflegeplaner sind die Pflegemassnahmen für alle Profile in einer Excel-Tabelle zusammengestellt.

      Massnahmen im Detail

      Invasive Arten und Problempflanzen entfernen

      Problempflanzen, insbesondere invasive gebietsfremde Arten müssen so früh wie möglich erkannt und entfernt werden. Besonders betroffen sind kiesig-sandige und trockene Standorte [1]. Dabei ist es wichtig, die Pflanzen vor ihrer Samenreife zu entfernen.

      Die entfernten Pflanzen dürfen nicht auf der Fläche zurückgelassen oder mit dem normalen Schnittgut gelagert werden, sondern sind fachgemäss zu entsorgen und je nach Art der Verbrennung zuzuführen.

      Gehölze entfernen

      Gehölze müssen regelmässig entfernt werden. Das anfallende Material muss von der Fläche entfernt oder zu Asthaufen geschichtet werden. Um während des Unterhalts möglichst wenige Tiere und Pflanzen zu schädigen, sind die Arbeiten im Winterhalbjahr durchzuführen [10].

      Vegetation regulieren

      Auf trockenen Standorten muss die aufgewachsene Vegetation alle 2 Jahre, oder bei Bedarf einmal im Jahr, geschnitten werden. An feuchteren Standorten ist die Vegetation dagegen jedes Jahr zurückzuschneiden. Das Schnittgut muss mindestens 3 Tage liegen gelassen werden, damit die Samen herausfallen können [1] und ist anschliessend abzuführen. Teilflächen sind als Rückzugsorte stehenzulassen.

      Die Verbreitung von stark wachsenden Arten ist situativ einzudämmen, indem die Pflanzen gänzlich oder Samenkapseln vor dem Versamen entfernt werden. Das Ziel ist es, offene Bodenflächen zu erhalten, damit sich ein- und zweijährige Arten versamen können [7].

      Pflanzen mit markhaltigem Stängel können gezielt stehen gelassen werden, um Nistplätze für Wildbienen anzubieten [11]. 3 bis 8 abgeschnittene, markhaltige Stängel können an einem sonnigen und trockenen Standort mit einem Abstand von ca. 2 m zum nächsten Bündel deponiert werden.

      Maschinen auswählen

      Auf kleineren Flächen oder Teilflächen kann die Vegetationsregulierung per Hand oder mittels Sense erfolgen. Die Sense schont nicht nur die Fauna, sondern auch Ressourcen. Auf grösseren Flächen können Balkenmäher oder ein Traktor mit Fingerbalken (Doppelmessermähwerk) eingesetzt werden. Diese haben bezüglich Kosten / Nutzen auf grossen Flächen die besten Ergebnisse.

      Auf den Einsatz von Fadenmähern, Rotationsmähwerk mit Aufbereiten oder Schlegelmähern muss zur Schonung der Fauna und der Ressourcen verzichtet werden [1].

      Kleinstrukturen pflegen

      Vorhandene Kleinstrukturen sind fachgerecht zu pflegen und bei Bedarf mit entsprechenden Materialien zu ergänzen. Das Überwachsen von durch Pflanzen ist zu vermeiden.

      Laub entfernen

      Um Nährstoffeinträge zu minimieren, ist je nach Standort Ende Herbst bzw. Anfang Winter zu lauben.

      Instandsetzung

      Regelmässig Störung durch Nutzung oder gezielte Pflegeeingriffe führen zu einer langfristigen Erhaltung der Ruderalvegetation [5]. Dennoch können im Laufe der Zeit (ungefähr nach 10 Jahren) Teilflächen zuwachsen bzw. bilden sich darauf Humusschichten (Zersetzung Pflanzenrückstände, Laub).

      Um wieder magere und offene Stellen zu schaffen, ist die oberste Bodenschicht abzutragen, der Untergrund zu lockern und eine neue Schicht Wandkies aufzubringen [4]. Wichtig ist, dass nicht die gesamte Fläche gleichzeitig und vollständig instand gesetzt wird [5]. Durch eine Staffelung über mehrere Jahre findet die vorhandene Fauna Rückzugsmöglichkeiten, während Teilbereiche instand gesetzt werden [5]. Bei der Bearbeitung ist auf die Brut- und Ruhezeiten von Vögeln und Reptilien Rücksicht zu nehmen [5].

      Alternativ kann auch geprüft werden, ob statt einer Instandsetzung der allenfalls ökologisch ebenfalls wertvolle aktuelle Zustand (z.B. magere Blumenwiese) belassen und anderenorts eine neue Ruderalvegetation angelegt werden soll [4]. Je nach Objekt kann es sinnvoll sein, die natürliche Sukzession zu einer Blumenwiese zuzulassen oder aber die Fläche instand zu halten, um deren Eigenschaften zu erhalten.

      Sanierung

      Ist eine Ruderalvegetation verbuscht, zugewachsen und verfügt über eine ausgeprägte Humusschicht, ist eine Sanierung angezeigt. Bei einer Sanierung handelt es sich um eine bauliche Massnahme und nicht um eine Pflegemassnahme im eigentlichen Sinne. Dabei wird die Fläche gemäht, die oberste Bodenschicht abgetragen, bei Bedarf neues Material ergänzt, die gesamte Kiesschicht aufgelockert und gegebenenfalls neu angesät. Auf trockenen Standorten muss diese Arbeit im Abstand von 10 bis 15 Jahren, auf feuchteren Standorten alle 5 bis 10 Jahre durchgeführt werden [1].

      Alternativ kann auch geprüft werden, ob statt einer Sanierung der allenfalls ökologisch ebenfalls wertvolle aktuelle Zustand (z.B. magere Blumenwiese) belassen und anderenorts eine neue Ruderalvegetation angelegt werden soll [4]. Je nach Objekt kann es sinnvoll sein, die natürliche Sukzession zu einer Blumenwiese zuzulassen oder aber die Fläche instand zu halten, um deren Eigenschaften zu erhalten.

      Entwicklung und Förderung

      Um die Struktur- und Artenvielfalt weiter zu erhöhen, können bestehende Ruderalvegetationen durch das Anlegen von Kleinstrukturen wie Wurzelstöcken, Totholz, Ast- oder Steinhaufen optimiert werden. Auf vorhandene Nester z.B. von Vögeln und Wildbienen ist bei der Platzierung und Erstellung Rücksicht zu nehmen.

      Rückbau

      Wertvolle Pflanzen erhalten

      Wandkies wiederverwenden

      Wiederverwendung von Kleinstrukturen prüfen

      Massnahmen im Detail

      Wertvolle Pflanzen erhalten

      Wertvolle Pflanzen (Stauden, Sträucher) können ausgegraben und in anderen Ruderalvegetationen wieder eingepflanzt werden.

      Wandkies wiederverwenden

      Der vorhandene Wandkies kann für die Realisierung von Ruderalvegetationen in der Umgebung wiederverwendet werden. Das spart möglicherweise Transport- und Materialkosten.

      Im Substrat sind idealerweise wertvolle Samen enthalten («Samenbank»). Soll oder kann das Substrat nicht für eine Ruderalvegetation verwendet werden, sind die obersten Zentimeter mit Pflanzenwurzeln abzutragen und der freigelegte Wandkies kann z.B. für Fundationsschichten von Wegen und Plätzen eingesetzt werden.

      Wiederverwendung von Kleinstrukturen prüfen

      Es ist zu prüfen, ob ganze Kleinstrukturen und/oder Teile bzw. Materialen davon auf einer anderen Ruderalvegetation oder innerhalb eines anderen Profils wiederverwendet werden können.

      Bestimmungen

      Gesetzliche und planerische Grundlagen für die Planung, Realisierung, Pflege und Rückbau (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

      Quellen

      1

      Ruckstuhl, M., Balmer, H., Wittmer, M., Fürst, M., Studhalter, S., Hose, S., & Fritzsche, M. (2010). Pflegeverfahren. Ein Leitfaden zur Erhaltung und Aufwertung wertvoller Naturflächen. Grün Stadt Zürich, Fachbereich Naturschutz.

      2

      Schaefer, M. (2012). Wörterbuch der Ökologie (5. neu bearb. und erweiterte Aufl.). Spektrum Akademischer Verlag.

      3

      Delarze, R., Gonseth, Y., & Galland, P. (2008). Lebensräume der Schweiz: Ökologie, Gefährdung, Kennarten (2., vollst. überarb. Aufl.). Ott.

      4

      Tschäppeler, S., & Haslinger, A. (2021). Natur braucht Stadt—Berner Praxishandbuch Biodiversität. Haupt Verlag.

      5

      Kumpfmüller, M., & Kals, E. (2009). Wege zur Natur in kommunalen Freiräumen - Handbuch. land-oberoesterreich.gv.at

      6

      Kumpfmüller, M., & Hloch, J. (2008). Wege zur Natur im Siedlungsraum - Grundlagenstudie. land-oberoesterreich.gv.at

      7

      Richard, P. (2002). Lebendige Naturgärten: Planen, gestalten, pflegen. AT-Verlag.

      8

      Hilgenstock, F., Witt, R., Aufderheide, U., Dernbach, D., Koningen, H., Kumpfmüller, M., Lobst, S., Polak, P., & Brenneisen, S. (2017). Das Naturgartenbau-Buch: Nachhaltig denken, planen, bauen: Bd. 1 (1. Auflage). Naturgarten Verlag.

      9

      Brack, F., Hagenbuch, R., Wildhaber, T., Henle, C., & Sadlo, F. (2019). Mehr als Grün! – Praxismodule Naturnahe Pflege: Praxishandbuch (Grün Stadt Zürich, Hrsg.). ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Forschungsgruppe Freiraummanagement (unveröffentlicht).

      10

      Kuster, A., & Rebmann, E. (2013). Konzept zur Pflege von Grünflächen an Strassen. ZHAW, Bioterra (unveröffentlicht).

      11

      Schüepp, C. (2016). Wildbienen fördern im Siedlungsgebiet. Ein Merkblatt für Hobby- und Berufsgärtner/innen, Gemeindegärtnereien sowie Unterhaltsdienste [Merkblatt]. Wildbiene + Partner. wildbieneundpartner.ch