In Kürze

Der Nutzen von naturnahen Freiräumen übersteigt die allfälligen Mehrkosten.

Die Grafik stellt das grundlegende Verständnis hinsichtlich Kosten und Nutzen von naturnahen Freiräumen im Vergleich zu konventionellen Anlagen dar.

Inwiefern naturnahe Freiräume oder die naturnahe Pflege kostengünstiger sind als konventionelle, kann nicht pauschal beantwortet werden. Zu unterschiedlich sind Zielsetzung, Ausgangslage, Rahmen- und Standortbedingungen eines jeden Freiraum- und Biodiversitätsprojektes.

Der Nutzen von naturnahen Freiräumen hingegen übersteigen in den meisten Fällen denjenigen von konventionellen Anlagen [1]. Die Kosten (Lebenszykluskosten) hingegen können tiefer, gleich oder höher ausfallen.

Prinzipien

Im Umgang mit Kosten und Nutzen von Freiraum- und Biodiversitätsprojekten wird die Berücksichtigung folgender Prinzipien empfohlen.

Betrachtung Lebenszyklus

Kosten über den gesamten Lebenszyklus eines Freiraumes berücksichtigen

Optimierung Lebenszykluskosten

Lebenszykluskosten in frühen Planungsphasen transparent machen und einbeziehen, um Planungsvarianten und die Auswirkung auf die langfristige Pflege zu evaluieren und zu optimieren

Ermittlung Erstellungskosten

Die gewünschten Qualitäten und Quantitäten klar definieren und in die Kostenermittlung integrieren

ErmittlungPflegekosten

Pflegekosten aufgrund eines fundierten Pflegeplans mit definierten Entwicklungs-, Wirkungs- und Pflegeziele berechnen

Langfristige Sicherung der Finanzierung

Die Finanzierung einer fachgerechten naturnahen Pflege langfristig gewährleisten

Kommunikation des Nutzens

Bei Investition in Freiräume und die Biodiversitätsförderung stets auch Nutzen und Mehrwerte darstellen, in Wert setzen und kommunizieren

Nutzung von Unterstützungsangeboten

Bestehende finanzielle und fachliche Unterstützungen und Anreize für Biodiversitätsförderung prüfen und nutzen

Faktenblatt

Das Wichtigste ist in diesem Faktenblatt zusammengestellt.

Kostenentwicklung

Kosten von Freiraum- und Biodiversitätsprojekten werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. In diversen Kostenfaktoren unterscheiden sich dabei naturnahe Freiräume nicht, oder nur geringfügig, von konventionellen Anlagen. Bestimmte Faktoren können jedoch Kostenunterschiede aufweisen.

Planung

Faktor
Kostenentwicklung naturnah
Erläuterung

Allgemeine Planungsleistungen

-

Spezifische Fachexpertise

z.B. hinsichtlich ökologisch wertvoller Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten, spezifische Plangrundlagen

Realisierung

Faktor
Kostenentwicklung naturnah
Erläuterung

Realisierung Planung und Bauarbeiten

-

Spezifische Bauleitungsaufgaben

Ökologische Baubegleitung

Materialien und Betriebsmittel

nachhaltig, lokal

Saat- und Pflanzgut

autochthon, lokal und biologisch; teilweise fehlende Verfügbarkeit

Maschineneinsatz/Handarbeit

kleinräumige Strukturen, tendenziell mehr Handarbeit

Pflege

Faktor
Kostenentwicklung naturnah
Erläuterung

Allgemeiner Pflegeaufwand

höhere Toleranz gegenüber Spontanvegetation und dynamischem Erscheinungsbild, extensivere Pflege

Spezifische Fachexpertise

z.B. hinsichtlich ökologisch wertvoller Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten.

spezifische Pflegetätigkeiten

mehr Handarbeit, zusätzliche Tätigkeiten (z.B. Neophytenbekämpfung, Heuen)

Saat- und Pflanzgut

autochthon, lokal und biologisch; teilweise fehlende Verfügbarkeit

Maschineneinsatz

falls Maschinenpark (z.B. Balkenmäher, Heulader) vorhanden oder mietbar

Zusammenarbeit Landwirtschaft

Material und Betriebsmittel

Weniger Treibstoff, Dünger, Pflanzenschutzmittel

Bio-konforme Dünger und Pflanzenschutzmittel teurer

Rückbau

Faktor
Kostenentwicklung naturnah
Erläuterung

Wiederverwendung

Nachhaltige Materialien eher wiederverwendbar, geringerer Verlust Graue Energie, Materialien weiter verkaufen

Recycling

sortenreine Trennung von nachhaltigen Materialien und Baustoffe eher möglich

Entsorgung

Nachhaltige Materialien müssen weniger aufwendig entsorgen bzw. deponieren

Höhere Kosten von naturnahen Freiraumprojekten können vor allem im Zusammenhang mit notwendiger Fachexpertise und Mehrkosten für nachhaltige Materialien (inkl. Saat- und Pflanzgut) entstehen.

Wird die langfristige Pflege und die Rückbauphase des Freiraumes in die Kostenbetrachtung mitberücksichtig, können die Lebenszykluskosten für einen naturnahen Freiraums dennoch geringer ausfallen als für eine solche von konventionellen Anlagen

Biodiversitätsaspekte frühzeitig einbeziehen

Allfällige Mehrkosten eines naturnahen Freiraumes können minimiert werden, wenn Biodiversitätsaspekte möglichst frühzeitig in die Projektentwicklung miteinbezogen werden. Diesen Mehrkosten stehen Nutzen gegenüber, welche die Mehrkosten meistens rechtfertigen können [1].

Kosten sind projektabhängig

Unterschiede zwischen naturnahen und konventionellen Freiräumen sind stark abhängig vom spezifischen Standort, der Ausgangslage und Zielstellung des jeweiligen Projektes.

Ein allgemeingültige Aussage zu den Kosten von naturnahen Freiräumen (im Vergleich zu konventionellen) im Sinne von «naturnah ist günstiger» oder «naturnahe ist teurer» gibt es folglich nicht [1].

In Bezug auf die Gesamtkosten für ein Freiraumprojekt sind die Kostenunterschiede zwischen naturnah und konventionell weitgehend irrelevant bzw. vernachlässigbar [1]. Dies gilt noch stärker bezüglich der Gesamtkosten für ein ganzes Bauprojekt mit Gebäuden. Dabei macht das Budget für den Aussenraum einen Bruchteil der gesamten Projektkosten aus. Gemäss Zürcher Index der Wohnbaupreise 2020 [2] werden für den Aussenraum lediglich 4 bis 6% der gesamten Erstellungskosten eingesetzt.

Nutzen

Naturnahe Freiräume weisen mindestens gleichwertige für die meisten Wirkungsbereiche aber wesentlich höhere Nutzen und Mehrwerte als konventionelle Anlagen auf. Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

Wirkungsbereiche

In der nachstehenden Tabelle wird der Nutzen von einzelnen Wirkungsbereichen dargestellt, der von einem naturnahen Freiraum – in Relation zu einer konventionellen Anlage – ausgeht.

Der Nutzen wird auf Grundlage verschiedener (Literatur-)Studien und Fachpublikationen [1][3][4][5] geschätzt, welche Mehrwerte und Ökosystemleistungen von Freiräumen untersuchten.

Siedlungsklima

Hitzeminderung

Verbesserung Luftqualität

Versickerung und Wasserretention

Bodenschutz und Versiegelung

Nutzungsmöglichkeiten

Aktive Nutzung (Spiel und Sport)

Passives Naturerlebnis und Aufenthaltsqualität (ruhige Erholung)

Weitere Informationen zum Siedlungsklima finden sich in den Fachthemen Klimaanpassungund Regenwassermanagement.

Erläuterungen zu Nutzungsmöglichkeiten finden sich in den einzelnen Profilen.

Weitere sozio-ökonomische Mehrwerte

Wirkungsbereich
Entwicklung Nutzen naturnah
Erläuterung

Zertifizierungen und Labels

Inwertsetzung durch Zertifizierungen mit Standards und Labels fürs nachhaltige Bauen und naturnahe Freiräume

Bestimmungen / Planungsprozess

Standards und Labels

Gegenstand von Kommunikations- und Marketingmassnahmen

Freiräume und Biodiversität bieten gute «Stories» für die Kommunikation und das Marketing von Institutionen, Firmen, Gemeinden und Kantonen

Preise für vorbildliche Projekte

Gewinnchancen für vorbildliche Nachhaltigkeitsprojekte (z.B. Binding Preis für Biodiversität)

Finanzielle Beiträge

Finanzielle Beiträge an Projekte über Förderprogramme und die Realisierung qualitätssichernder Verfahren (z.B. Wettbewerbsverfahren)

Fachliche Unterstützung

Fachliche und/oder finanzielle Unterstützung bei (kostenintensiven) Unterhaltsmassnahmen

Optimierung Bewilligungsverfahren

z.B. weniger Auflagen

Bonus Ausnützungsziffer, Geschosszahl, anrechenbare Grünflächenziffer

Bonus bei Ausnützungsziffer, Geschosszahl oder anrechenbarer Grünflächenziffer in Überbauungen für das Ausweisen von besonderen ökologischen Qualitäten bei Aussenraumgestaltungen

Mieter:innenzufriedenheit

Höhere Zufriedenheit und niedrigere Quote Mieterwechsel

Investitionen in Biodiversitätsförderung

Investitionen in die Biodiversitätsförderung sollen neben allfälligen Kosteneinsparungen oder Mehrkosten stets auch der damit erzielte Nutzen berücksichtigen und darstellen.

Meistens fehlen hierfür valide Zahlen. In diesen Fällen soll der Nutzen qualitativ, beschreibend und argumentativ kommuniziert werden. Hierfür können z.B. die akteurspezifischen Argumentarien genutzt werden, die das Projekt Siedlungsnatur gemeinsam gestalten entwickelt hat.

Liegen valide Zahlen vor oder sind Tools vorhanden, um entsprechende Zahlen zu ermitteln, können die Nutzen und Mehrwerte auch quantifiziert und monetarisiert werden. Mit dem Tool iTree lassen sich z.B. die Ökosystemleistungen von Bäumen berechnen und in Geldbeträgen darstellen.

Kostenermittlung

Planungs- und Umsetzungsbetriebe verfügen über umfassende Erfahrungswerte und spezifische Kostenkennzahlen. Für eine exakte Kostenermittlung sind entsprechende Offerten einzuholen.

Dabei ist es wichtig, die gewünschten Qualitäten und Quantitäten klar zu definieren. Die Inhalte dieser Webseite, insbesondere die Ausführungen in den einzelnen Profilen, liefern hierfür wichtige Bausteine.

Lebenszykluskosten

Zentral bei der Lebenszyklus-Betrachtung sind die Kosten, die über den gesamten Lebenszyklus eines Freiraumes anfallen. Diese Lebenszykluskosten umfassen die Kosten für Planung, Realisierung, Pflege und Rückbau während der ganzen Lebensdauer [6].

In einer frühen Planungs-Phase oder bei der Beratung von Bauherrschaften und Kund:innen spielt der Einbezug der Lebenszykluskosten eine wichtige Rolle. Es können damit unterschiedliche Planungsvarianten, Gestaltungsoptionen, Materialien und Auswirkungen auf die langfristige Pflege evaluiert und optimiert werden.

Bei der Ermittlung der Lebenszykluskosten von Freiräumen kann der Einsatz der Software GreenCycle® sinnvoll sein. Die Basis dieses kostenpflichten Tools bilden fachlich breit abgestützte Daten zum Lebenszyklus von Freiräumen.

Kostenarten

Nachstehend sind die beiden Kostenarten Erstellungskosten sowie Betriebs- und Unterhaltskosten (gemäss SIA 115) beschrieben.

Erstellungskosten

Lebenszyklusphase

Planung, Realisierung

Kostenbestandteile

Planung: Honorare, Gebühren, Nebenkosten


Realisierung mit Erstellungspflege (erste 2 Jahre):


Personalkosten (Lohn, Sozialleistungen), Maschinen- und Gerätekosten (fixe und variable Kosten), Mietkosten, Material- und Betriebsmittelkosten, Transportkosten, Kosten für Wiederverwendung, Recycling, Entsorgung, Deponie

Grundlagen für Kostenermittlung

Wer früh im Planungsprozess Biodiversitätsförderung, graue Energie und Kosten mitberücksichtigt und bewusst (weniger) Material verwendet kann langfristig neben CO2 auch Geld sparen.

Eine langfristig denkende Bauherrschaft hat die ganzen Lebenszykluskosten im Blick und verfügt die Planenden nach Zeitaufwand bzw. bindet die Honorare an Leistung, die abhängig von u.a. Ökologie und Klimaschutz sind [7].

Betriebs- und Unterhaltskosten

Lebenszyklusphase

Pflege

Kostenbestandteile

Erhaltungspflege, Instandsetzung, Sanierung sowie Entwicklung und Förderung:


Personalkosten (Lohn, Sozialleistungen), Maschinen- und Gerätekosten (fixe und variable Kosten), Mietkosten, Material- und Beitreibsmittelkosten, Transportkosten, Kosten für Wiederverwendung, Recycling, Entsorgung, Deponie

Grundlagen für Kostenermittlung

In vielen Fällen kostet der Unterhalt eines Freiraumes über den gesamten Lebenszyklus das 10- bis 20-fache der ursprünglichen Erstellungskosten. Entsprechend sind diese Kosten in der Planungsphase durch die Wahl des Materials, die Art der Konstruktion und die Auswahl der Pflanzen wesentlich zu beeinflussen. Anschliessende Anpassungen und Beeinflussung der Pflegekosten sind nur sehr aufwendig möglich.[6]

Die Kosten (durchgezogene Linie) eines Freiraums nehmen im Verlauf des Lebenszyklus zu, während die Beeinflussbarkeit (gestrichelte Linie) abnimmt.

Wie unter Kostenentwicklung beschrieben, werden die Betriebs- und Unterhaltskosten nicht primär davon bestimmt, ob es sich um einen naturnahen Freiraum oder eine konventionelle Anlage handelt. Vielmehr werden diese Kosten vom definierten Pflegeziele beeinflusst und von den Voraussetzungen des Grünraums und seiner Pflege hinsichtlich Standortverhältnisse, Zustand, bestehender Maschinenpark, Expertise/Lohn des Personals und Zugänglichkeiten.

Letztlich muss mit dem Pflegeverantwortlichen festgelegt und in einem Pflegeplan festgehalten werden, welche Entwicklungs-, Wirkungs- und Pflegeziele anvisiert werden. Auf dieser Basis können anschliessend die konkreten Kosten für den jeweiligen Grünraum bestimmt werden.

Profile

In den einzelnen Profilen werden im Register Planung die Massnahme Kosten schätzen beschrieben. Dabei wird darauf hingewiesen, wie das jeweilige Profil hinsichtlich Kosten (Erstellungskosten sowie Betriebs- und Unterhaltskosten) einzuschätzen ist bzw. ob es sich um ein eher kostenintensives oder kostenextensives Profil handelt.

Kostenschätzung Profile

Die Kostenschätzung der einzelnen Profile ist in dieser Tabelle zusammengefasst. Es handelt sich dabei um eine grobe Vergleichsmöglichkeit der einzelnen Profile hinsichtlich Kosten. Es gilt auch hier, dass höheren Kosten unter Umständen auch höhere Nutzen gegenüberstehen (z.B. Parkbaum, Strassenbaum).

Die Schätzung erfolgt je nach Profil pro Quadratmeter (z.B. Ruderalvegetation), Laufmeter (z.B. Trockenmauer) oder Stückzahl (z.B. Parkbaum), was in der Interpretation entsprechend zu berücksichtigen ist.

hoch = • • • • •   tief = •  

Profil
Erstellungskosten
Betriebs- und Unterhaltskosten (10 Jahre)

Blumenrasen

• •

• •

Blumenwiese

• •


Dachbegrünung

• • •

• •

Gewässer ruhend

• • • • •

• •

Hochstaudenflur

• • •

• • •

Kleinstrukturen



Parkbaum

• • • •

• • • • •

Ruderalvegetation

• •


Staudenbepflanzung

• • •

• • •

Strauchbepflanzung

• •

• • •

Trockenmauer

• • • • •

• •

Wildhecke

• •

• •

Quellen

1

Grieder, A., Locher, R., Sutter, V., & Van Wezemael, M. (2020). Branding Biodiversity – Nutzen von Biodiversität im Siedlungsraum. Stiftung Natur & Wirtschaft.

2

Stadt Zürich, S. St. Z. (2020). Zürcher Index der Wohnbaupreise 2022.

3

Kowarik, I., Bartz, R., & Brenck, M. (2016). Ökosystemleistungen in der Stadt. Gesundheit schützen und Lebensqualität erhöhen (S. 304 Seiten). Naturkapital Deutschland -TEEB DE.

4

Weiss, M., Hagenbuch, R., & Brack, F. (2010). Weiss, M., Hagenbuch, R., Brack, F. (2010): Wert und Nutzen von Grünräumen – Literaturstudie. Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Wädenswil.

5

Bundesamt für Umwelt BAFU (Hrsg.). (2022). Musterbestimmungen zur Förderung von Biodiversität und Landschaftsqualität im Siedlungsgebiet. Bundesamt für Umwelt (BAFU).

6

Niesel, A. (2017). Nachhaltigkeitsmanagement im Landschaftsbau. Ulmer. https://elibrary.utb.de/doi/

7

Herzog, A. (2021). Klima bauen—Ein Lexikon zu Architektur, Landschaftsarchitektur und Raumplanung unterwegs zu Netto-Null (1. Auflage). Edition Hochparterre.